Oder warum entscheiden sich Bewerber eigentlich für Unternehmen?

Unternehmen egal welcher Branche, egal welcher Größe stehen stets vor der gleichen Herausforderung: Wie gewinne ich die besten Mitarbeiter* für mein Unternehmen?
Natürlich ist es erst einmal hilfreich, wenn ein Unternehmen eine positive Außendarstellung, ein gutes Employer branding, hat. Auch eine herausragende Marktstellung, tolle, innovative Produkte und ein hoher Bekanntheitsgrad sind sicher nicht schädlich. Aber reicht das allein, um einen reflektierten Bewerber für sich zu gewinnen?
Nein! Baut ein Unternehmen die absolut hippsten Smartphones, ist der größte Onlinehändler dieses schönen Planeten oder hat eine 5-Sterne-plus-Bewertung auf den diversen Bewertungsportalen, dann führt das allenfalls zu einer größeren Zahl an eingehenden Bewerbungen. Damit ist aber noch kein Mitarbeiter gewonnen, hier stehen die internationalen Marktführer vor den gleichen Herausforderungen wie die Klein Otto GbR aus Hintertupfingen.

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 © Dirk - stock.adobe.com

Dabei ist es eigentlich so einfach das Richtige zu tun, um letztlich den Kandidaten der Wahl auch für sich zu begeistern:

1. Mindset:

Wie so oft fängt es mit der inneren Einstellung an, die die Entscheidungsträger des Unternehmens haben. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich die Patriarchen des Hauses den Mitarbeiter - wie in einem Autohaus einen Jahreswagen - aussuchen konnten. Nicht erst seit heute bewirbt sich nicht nur der Bewerber beim Unternehmen, sondern auch das Unternehmen beim Kandidaten. Es werden Partnerschaften zwischen Menschen geschlossen, die Mitarbeiter eines Unternehmens verbringen oft mehr Zeit miteinander als mit dem eigenen Lebenspartner. Ist das verinnerlicht, ist schon viel erreicht.

2. Die Ausschreibung:

Soll die vakante Position auf Jobportalen ausgeschrieben werden, gilt es zu beachten, dass die Aufgabe realistisch und die Anforderungen angemessen formuliert werden. Das ganze schöne Design der Anzeige taugt am Ende nichts, wenn Aufgaben und Anforderungen nicht zusammenpassen. Ein Doktor in Raketenwissenschaften ist für einen Controller objektiv einfach nicht notwendig.

3. Auswahl des richtigen Partners für das Recruiting:

Soll die offene Position mit Hilfe eines Personalberaters besetzt werden, achten Sie bitte bei der Auswahl des Partners darauf, dass sich dieser mit Ihrem Unternehmen und der Aufgabe identifizieren kann, dass er partnerschaftlich mit den Kandidaten umgeht und vor allem, dass er die Position versteht. Gut vor günstig sollte hier die Devise sein.

4. Reaktionsgeschwindigkeit:

Egal, ob Sie über eigene Anzeigen rekrutieren oder die professionelle Unterstützung eines Beraters in Anspruch nehmen, Ihre Reaktionsgeschwindigkeit nach Eingang der Bewerbung bzw. der Shortlist ist das erste Indiz für den Kandidaten, ob echtes Interesse an seiner Person besteht. Bleiben Unterlagen erst einmal ein paar Wochen liegen, ist die Motivation des Bewerbers, bei Ihnen zu arbeiten, eigentlich schon wieder weg.

5. Termintreue:

Gleiches gilt für die Termintreue. Ja, es kann immer etwas dazwischenkommen, aber wenn mehr als einmal ein Termin verschoben werden muss, weil es irgendetwas Dringenderes gibt, dann zeigt das dem Bewerber nur eines: Die eigene Bewerbung ist nicht dringend oder wichtig.

6. Anzahl der Gesprächsrunden:

Ganz einfach: Mindestens zwei, maximal drei.
Zwei Gesprächsrunden mit partiell unterschiedlicher Besetzung sind nicht nur wichtig für die eigene Entscheidung (Vier-Augen-Prinzip), sondern auch für den Bewerber, dem nach dem ersten Gespräch sicher noch die eine oder andere Frage eingefallen ist. Mehr als drei Gesprächsrunden sollten es aber nur in absoluten Ausnahmefällen sein. Abgesehen davon, dass sich die Bewerber für jede Runde evtl. Urlaub nehmen müssen, geht zu viel Zeit verloren und Inhalte wiederholen sich. Das kann ermüdend und somit demotivierend sein.

7. Die Gesprächsatmosphäre:

Um den richtigen Mitarbeiter an Bord zu bekommen, sollen Sie eine von Offenheit und Ehrlichkeit geprägte Gesprächsatmosphäre schaffen. Natürlich stellen Sie Ihr Unternehmen, Ihre Abteilung, die Aufgabe und sich selbst immer sehr positiv dar, aber übertreiben Sie es nicht. Ein interessierter Bewerber wird sich informiert haben und kennt sicher die eine oder andere Schwachstelle. Wie bei Menschen gilt auch bei Unternehmen: Nobody is perfect.
Antworten Sie wahrheitsgemäß auf die Ihnen gestellten Fragen und begegnen Sie dem Gesprächspartner auf Augenhöhe. Fragen Sie gezielt, stellen Sie auch unangenehme Fragen, aber vermeiden Sie es, in ein Verhör abzugleiten. Wenn es Ihnen und dem Kandidaten gelingt, ein konstruktives, informatives und offenes Gespräch zu führen, haben Sie gute Chancen, dass der Bewerber das Interview ebenfalls als angenehm empfinden wird.

8. Und wieder die Geschwindigkeit:

Zwischen den Gesprächen und auch der finalen Entscheidung sollte möglichst wenig Zeit vergehen. Ideal ist ein Zeitraum vom Eingang der Bewerbung bis zur Unterbreitung eines Angebots von vier bis max. sechs Wochen. Sind die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Gesprächsrunden oder bis zur Entscheidung zu groß, kommen Bewerber gerne nochmal ins Grübeln. Haben Sie also in guten Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass Sie Ihren neuen Mitarbeiter gefunden haben, zögern Sie nicht. Warten Sie nicht auf einen vielleicht noch Besseren. Die Gefahr, den sehr Guten zu verlieren, weil Sie auf den möglicherweise Besseren warten, ist viel zu groß.

9. Ein faires Angebot:

In der Regel – und bei der Zusammenarbeit mit einem Personalberater immer – erhalten Sie mit der Bewerbung auch eine Angabe zum Wunschgehalt. Erscheint Ihnen dies ein wenig zu hoch, dann klären Sie diese Frage im ersten Interview. Machen Sie aber bitte nicht den Fehler, diese Frage bis zum Angebot aufzuschieben. Ein Bewerber, mit dem bis zuletzt nicht über das Thema Gehalt gesprochen wurde, darf mit Recht davon ausgehen, dass seine Wunschvorstellung darstellbar ist. Haben Sie dagegen frühzeitig darauf hingewiesen, dass das Gehalt ein wenig oberhalb des Budgets liegt, Sie aber trotzdem gerne den Prozess fortführen wollen, kann der Kandidat sich entscheiden, ob es trotzdem attraktiv ist. Sie verlieren nur Zeit, wenn Sie diese Frage bis zum Schluss aufschieben und der Bewerber dann absagt.

Fazit:

Im Grunde ist ein Anwerbungsprozess ganz einfach. Offenheit, Ehrlichkeit, Geschwindigkeit und Priorität sind die wichtigsten Parameter. Leider ist es nicht so oft der Fall, dass Unternehmen das so leben. Insbesondere wird oftmals das hervorragende Employer branding als Argument für eine erfolgreiche Mitarbeitergewinnung genannt. Dieses ist meines Erachtens aber nur gut, um Bewerbungen zu erhalten – den richtigen Mitarbeiter gewinnt man durch einen guten Bewerbungsprozess!

 

*Der Einfachheit und Lesbarkeit halber wird in diesem Artikel die männliche Form verwendet, selbstverständlich sind aber alle Geschlechter angesprochen.

 

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Über den Autor

Sascha Meyer ist geschäftsführender Gesellschafter der Meyer Associates GmbH und bietet mit seinem Team spezialisierte und auf die konkreten Kundenbedürfnisse zugeschnittene Personalberatung.

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